Die Energiewende in Deutschland erfordert innovative Lösungen zur Speicherung von Energie, insbesondere im Hinblick auf die zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien wie Wind- und Solarenergie. Eine vielversprechende Technologie in diesem Kontext sind Kavernen-Pumpspeicher, die im Rheinischen Revier mit den künftigen Seen eine bedeutende Rolle spielen könnten. Die Technologie der Pumpspeicher ist erprobt und könnte sofort umgesetzt werden. Von technischer Seite aus gibt es keine Probleme. Dennoch gibt es in der Politik noch zu viele Bedenkenträger: Der Bau von Kavernen-Pumpspeichern erfordert hohe Anfangsinvestitionen, worin viele Investoren eine Hürde sehen. Auch sind die notwendigen geologischen Bedingungen für den Bau von Kavernen, aber auch des Oberbeckens, nicht endgültig geprüft. Auch die Genehmigung für den Bau solcher Anlagen kann langwierig und komplex sein, wenn nicht wie bei der Erstellung der Flüssiggas-Anlandung ein beschleunigtes Verfahren betrieben wird.
Nach vielen Expertengesprächen ist unsere Regionalratsfraktion davon überzeugt, dass das Rheinische Revier das Potenzial hat, sich zu einem Zentrum für erneuerbare Energien und innovative Speichertechnologien zu entwickeln. Die vorhandenen geologischen Strukturen sind für den Bau von Kavernen-Pumpspeichern geeignet, sodass die Region durch den Einsatz dieser Technologie nicht nur zur Stabilität des Stromnetzes beitragen, sondern auch Arbeitsplätze schaffen und die lokale Wirtschaft ankurbeln könnte. Damit wäre ein wichtiger Schritt in Richtung einer nachhaltigen Energiezukunft erzielt.
Das Kernproblem von Wind und Sonne ist deren Unstetigkeit. Tage / Stunden mit riesigen Überschüssen wechseln mit Tagen / Stunden fast gänzlich ohne Stromerzeugung aus Wind und Sonne. Daher muss ein Ausgleich zwischen Überangebot und Strommangelzeiten geschaffen werden. Diese Speicheraufgabe ist weitaus größer als das bisher berücksichtigt wurde. (siehe Grafik 1). Allein der Tag – Nachtausgleich oder der Ausgleich zwischen einem windstarken und einem Schwachwindtag erfordert Speicher vom 8 bis 10-fachen der jetzigen Kapazität, d.h. es wären 400 bis 500 GWh bzw. 30 bis 50 GW Leistung erforderlich! Zum Vergleich: 1 Block in Neurath hat 1 GW.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist die Sicherung der Wasserstoffversorgung für die Chemie-, Stahl- und Papierindustrie. Diese Industriezweige warten dringend auf einen Anschluss ans H2-Netz und bezahlbaren H2. Die dafür geplanten mitten durchs RR verlaufende H2-Pipeline muss maßgeblich auch mit heimischen H2 gefüllt werden, der jedoch (einigermaßen) wirtschaftlich erzeugt werden muss.
Der Schlüssel dafür ist, dass die Elektrolyseure statt den jetzt möglichen 1800 Vollgaststunden (VBh) zukünftig in 4000 VBh im Jahr mit preiswertem erneuerbarem Strom gespeist werden müssen, was wiederum nur durch eine konstante Verfügbarkeit regenerativer Energie durch große Speicher möglich ist.
Und hier bietet das Rheinische Revier eine ganz besondere und einmalig Chance. Mit den Tagebaurestlöchern sind Großstrukturen wie im Mittelgebirge gegeben, wo Höhenunterschiede zwischen 200 und 400 m vorhanden sind. Diese großen Höhenunterschiede sind ideal für die Errichtung von Pumpspeicherkraftwerken, die seit 100 Jahren das Rückgrat der nationalen und internationalen Speichertechnologien bilden. Pumpspeicherkraftwerke sind praktisch Wasserkraftwerke mit Pumpstufe, die bei Strommangel Wasser vom Oberbecken durch die Turbine ins Unterbecken fließen lässt und dabei Strom erzeugt. Bei Überschuss fördern große Pumpen Wasser aus dem Unterbecken ins Oberbecken, um dort den Energievorrat für die nächste Flaute anzulegen (siehe Grafik 2).

Die Idee für das Kraftwerk in den Restseen liegt darin, ein Unterwasserkavernen-Pumpspeicherkraftwerk zu errichten, bei dem das Unterbecken in großen Betonkavernen am Grunde des Tagebau-Restloches „eingesperrt“ wird (siehe Grafik 3). Das Oberbecken des PSKW kann auf gewachsenem Grund nahe der Geländeoberfläche angelegt werden. Diese Unterwasser-Betonkavernen können in unterschiedlichen Formen ausgebildet werde, diese reichen vom „Meerei“ für sehr große Tiefen bis 800 m, domartigen Kavernen für bis zu 400 m Tiefe und großvolumige Röhrensysteme (Grafik 4).


Am Tagebausee Hambach kommen noch weitere begünstigende Faktoren dazu: die sehr große Tiefe von ca. 400 m, die Nähe zu den großen Stromtrassen sowie die Manheimer Bucht als Flachwasser auf gewachsenen Untergrund mit natürlicher Untergrunddichtung aus Ton. Der TB Hambach bietet ein Potential von ca. 100 GWh Speicher, womit 30 – 50% der deutschlandweit notwendigen Speicherkapazität für den Tag-Nacht-Ausgleich an einem Standort hier im RR geschaffen werden kann. Die mögliche Leistung von rund 10 GW ist mit dem ehemaligen Braunkohle-Kraftwerkspark im Rheinischen Revier vergleichbar. Dabei ist von den Anlagen oberirdisch praktisch nichts zu sehen, das Oberwasser kann als abgetrenntes Becken in der Manheimer Bucht ebenfalls mit breitem Strand zum Restsee und zum Ostufer angelegt werden (siehe Grafik 5). Der vorgesehenen Freizeitnutzung der Seen steht also nichts im Wege.

Warum das Plädoyer für Pumpspeicherkraftwerken?
PSKW haben ganz besondere Vorzüge:
- PSKW sind sehr langlebig, Lebensdauer bis >100 Jahre. Batterien im Vergleich nur rund 15 Jahren (5 bis 7 Lebenszyklen Batterie = 1 Lebenszyklus PSKW)
- Beim Bau von PSKW verbleiben rund 95% der Wertschöpfung in Deutschland bzw. Europa, während bei Batterien der Großteil des Geldes (ca. 2/3) nach Fernost abfließt
- PSKW sind fast ausschließlich mit heimischen, verfügbaren und unkritischen Rohstoffen zu bauen!
- PSKW wären ein Konjunkturprogramm für die heimische Bauwirtschaft und den heimischen Maschinenbau, dies ohne Subventionen! Potential für Investitionen 20 bis 40 Mrd. €!
- PSKW sind in der Lage, große Energiepakete auch über weite Strecken und lange Zeit zu liefern, was für den Ausgleich zwischen Nord-Süd und Ost-West essentiell ist.
- PSKW sind mit Speicherkosten von rund 2 Ct/kWh bisher immer noch die günstigste Speicherform, andere Länder wie Schweiz, Österreich und Portugal setzen stark darauf und helfen uns in Deutschland momentan bei der Stabilisierung unserer Netze
- PSKW im Rheinischen Revier liegen unmittelbar an einer großen Nord-Süd-Stromtrasse
- PSKW sind als ein Schlüssel zur Lösung der Speicherfrage auch essenziell für die Erhöhung der Resilienz gegenüber den zu erwartenden Eingriffen in die Energie- und Rohstoffmärkte z.B. Strafzölle und Importbeschränkungen
Dennoch gibt es einen Haken: Eigentümer der künftigen Tagebauseen ist RWE. Die sind mit dem Konzept bestens vertraut, weigern sich aber vehement auch nur die geringste Summe einzubringen, weil sich erst frühestens nach sieben Jahren wegen der hohen Baukosten erste Gewinne erzielen lassen. Was auch eine Rolle spielen dürfte ist der Preis zu dem Strom verkauft werden kann. Da gibt der kurzfristige Einsatz von Batteriespeichern den deutlich höheren Gewinn.
Der Ausweg besteht also darin, dass andere Stromlieferanten mit langfristigem Denken und Verantwortungsbewusstsein auch gegenüber den privaten und industriellen Nutzern hier tätig werden. Zumindest gibt es die Zusage von RWE, hier nicht zu blockieren.
Seitens unserer Regionalratsfraktion werden wir an der Verwirklichung dieses Projektes mitwirken, indem wir die Vernetzung der PSKW-EntwicklerInnen mit EnergiepolitikerInnen und Akteuren der Energiebranche im In- und Ausland und mit den Verantwortlichen in den Landes- und Bundesministerien betreiben. Es gibt noch viel zu tun, aber wir betonen, dass wir uns mit großem Engagement und Entschlossenheit dafür einsetzen, dieses Vorhaben erfolgreich umzusetzen.
Darüber hinaus werden wir Euch regelmäßig über den Fortschritt informieren. Wir sind überzeugt, dass wir gemeinsam mit Euch positive Veränderungen bewirken und die gesteckten Ziele umsetzen können.
Bildnachweise: Das Bild „Production of electric power in GW“ ist von: Bundesnetzagentur: data archive SMARD; das Bild zum Turbinen- und Pumpbetrieb ist von: Voith; die folgenden Bilder sind von: H. Schmidt-Böcking