Behebung des Vollzugsdefizits an den Wasserkraftanlagen an der Agger in Engelskirchen?
Das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen informiert auf seiner Homepage zum Thema Wasserkraft:
„Nach den Vorgaben der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) müssen alle Gewässer renaturiert und ihre Durchgängigkeit muss soweit wie möglich wieder hergestellt werden. Es geht um die Artenvielfalt von Fischen und darum, wieder ausreichend lange, frei fließende Bäche und Flüsse zu haben, so dass dort die typische Flora und Fauna den notwendigen Lebensraum findet.
Bei der Nutzung der Wasserkraft schreibt das Gesetz die Wiederherstellung der Durchgängigkeit und die Einhaltung einer Mindestwasserführung vor (§§ 33 – 35 Wasserhaushaltsgesetz).“
An den Wasserkraftanlagen in Engelskirchen besteht keine Durchgängigkeit. Im geltenden Bewirtschaftungsplan NRW 2016 – 2021 ist die Durchgängigkeit festgelegt. In dem aus dem Bewirtschaftungsplan / Maßnahmenprogramm abgeleiteten Steckbrief Sieg des MKULNV NRW von 12/2015 für die Obere Agger (S. 76) heißt es:
„Die Bemühungen um die Durchgängigkeit sind in diesem Planungszeitraum noch nicht weit fortgeschritten. Die Vielzahl der Querbauwerke – gerade der im Hauptgewässer Agger zusätzlich mit Wasserkraftnutzung belegten Wehre – gestaltet die Erreichung der Zielsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) hinsichtlich der Durchgängigkeit als äußerst schwierig, hier sind weitere konzeptionelle Überlegungen vordringlich.“
Gleichzeitig verlangt die obere Wasserbehörde von den Wasserkraftbetreibern bis Ende 2016 für die Sicherheit der einzelnen WKA mit ihren Talsperren (Stauanlagen) „vertiefte Untersuchungen“ zu Hydrologie, Hydraulik, Standfestigkeit und Betrieb / Betriebsanlagen. Es wird mit hohen Investitionssummen gerechnet. Sollten die Berichte zum verlangten Termin Ende 2016 nicht vorliegen, dann werden die entsprechenden Anlagen / Talsperren unter der Einstufung „erheblicher Mangel“ geführt.
Am 31. 7. 2012 informierte die obere Wasserbehörde den damaligen Betreiber der Engelskirchener WKA, die Agger-Kette GmbH & Co. KG, dass sie die Durchgängigkeit im Rahmen von Mindestanforderungen herstellen müsse. Für diese Maßnahmen wurde auf das Handbuch Querbauwerke verwiesen. Gleichzeitig erging die Bitte, diese Maßnahmen im Rahmen der anstehenden Sanierung der Bauwerke zu berücksichtigen und sich frühzeitig mit der oberen Wasserbehörde abzustimmen.
Der neue Betreiber der Anlagen Ehreshoven I und II, Ohl-Grünscheid und Wiehlmünden, die Aggerkraftwerke GmbH & Co. KG, hat sich gegenüber der oberen Wasserbehörde im August 2014 klar positioniert. Als Inhaber alter Rechte sieht er sich nicht in der Pflicht, für Durchgängigkeitsmaßnahmen zu sorgen. Er verlangt in diesem Zusammenhang Entschädigungen für dafür benötigte Wassermengen, falls die Durchgängigkeit von Anderen hergestellt würde. Außerdem weist er darauf hin, dass der Ertrag des erwirtschafteten Stroms gerade einmal für die Sanierungsmaßnahmen, auf keinen Fall aber für die Durchgängigkeitsmaßnahmen, reichen würde.
Die fehlende Festlegung der Mindestwasserführung hat insbesondere für das alte Aggerbett fatale Folgen. Die Durchgängigkeit der Agger endet im alten Aggerbett (Ausleitungsstrecke) am Wehr Ehreshoven I. Diese 2,56 km lange Strecke ist vom Land NRW als Zielartengewässer für Lachs und Aal und im Umsetzungsfahrplan als Strahlursprung festgelegt. Wenn genügend Wasser vorhanden ist, laichen hier die Lachse und das Gewässer wird zum Jungfischhabitat. Es gibt aber keine festgelegte Mindestwasserführung sondern lediglich eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen der Aggerkraftwerke GmbH & Co. KG und dem Aggerverband für die Gewährleistung von 500 Litern pro Sekunde aus dem darüber liegenden Stau Ehreshoven I. Diese Wassermenge war Voraussetzung für die Betriebsgenehmigung des Klärwerks Engelskirchen, das die alte Agger als Vorfluter nutzt. Aus gewässerökologischer Sicht wären mindestens 1000 Litern pro Sekunde notwendig.
Der Rat der Gemeinde Engelskirchen hat in seiner Sitzung am 9. 4. 2014 die Bezirksregierung aufgefordert, „endlich dafür Sorge zu tragen, dass das Laichhabitat für den Lachs im alten Aggerbett … durch eine Mindestwasserführung in seiner Funktion gesichert ist“. Der Umweltausschuss des Oberberbergischen Kreises hat sie in seiner Sitzung am 19. 5. 2016 ebenfalls aufgefordert, die erforderliche Mindestwassermenge zu gewährleisten.
Wir fragen daher die Bezirksregierung:
- Wie betreibt die obere Wasserbehörde den Gesetzesvollzug hinsichtlich der Durchgängigkeit und der Mindestwasserführung an den einzelnen Engelskirchener WKA? Wann wird das Vollzugsdefizit aufgehoben worden sein?
- Welche Ergebnisse hat die in 2012 von der Bezirksregierung Köln eingeforderte Abstimmung der WKA-Betreiber mit ihr hinsichtlich der Berücksichtigung der Durchgängigkeitsmaßnahmen bei den anstehenden Sanierungsmaßnahmen an den Engelskirchener WKA gebracht?
- Welche Fördermaßnahmen kämen für die Engelskirchener WKA-Betreiber zur Herstellung der Durchgängigkeit in Frage?
- Wer käme sonst als Maßnahmenträger für die Durchgängigkeit in Frage? Wer trägt die Kosten?
- Ist eine Erweiterung der Ziele 129 und 130 des Regionalplans Teilabschnitt Region Köln (s.u.) sinnvoll, um die Herstellung der Durchgängigkeit zu beschleunigen?
Ziel 129
Im BSN „Agger-Stausee Ehreshoven II“ (74008-2297) in der Gemeinde Engelskirchen (Oberbergischer Kreis) soll das Staugewässer mit den angrenzenden Flächen als überregional bedeutsamer Überwinterungsplatz und Rastbiotop für zahlreiche gefährdete Wasservogelarten sowie als Lebensraum für Amphibien und Eisvogel sowie Wasseramsel erhalten und entwickelt werden. Der unverbaute Aggerabschnitt soll auch zur Hochwasserretention erhalten und entwickelt werden. Der im nördlichen Teil des BSN gelegene Biotopkomplex bestehend aus einem ehemaligen Erzbergwerksgelände mit Kleingewässern und einem Bachtal soll geschützt und erhalten werden.
Ziel 130
Im BSN „Aggereinlauf mit Stausee bei Engelskirchen-Ohl“ (74008-2298) in der Gemeinde Engelskirchen (Oberbergischer Kreis) soll die Funktion der Wasserflächen und der Uferpartien als Brut- und Überwinterungsplatz für Wasser- und Watvögel gesichert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Rolf Beu, Fraktionsvorsitzender DIE GRÜNEN im Regionalrat Köln
Manfred Waddey, Fraktionsmitglied
f.d.R.:
Antje Schäfer-Hendricks, Geschäftsführung DIE GRÜNEN im Regionalrat Köln